...sind die Fische im Wasser und selten an Land."
Das stellten "Klaus und Klaus" in einem ihrer Smash-Hits aus den 80ern fest (hier zum legendären Auftritt beim Dieter, beim Thomas, beim Heck). Ja, wir haben nicht vergessen. Wir Kinder der Vorwendezeit erinnern uns an diesen und an Titel wie "Da steht ein Pferd auf dem Flur" und "Klingelingeling Klingelingeling, hier kommt der Eiermann". Ach ja, die 80er...ok, das muss mit Nostalgiekitsch jetzt aber reichen.
Also schnell die Tränen getrocknet und zurück zum eigentlichen Thema, welches da wäre: Auch wenn die poetische Kraft eines Song-Textes wie "An der Nordseeküste" wohl über jeden Zweifel erhaben ist, bin ich kürzlich über einen TV-Bericht (3Sat, "Nano") gestoßen, der mich schlussfolgern lässt: der Text ist leider nicht vollständig. Richtig müsste es heißen: "An der Nordseeküste...sind die Fische und Bomben im Wasser und selten an Land".
Das Thema in dem Bericht ist, dass nach dem 2.Weltkrieg alleine in den Gewässern vor der niedersächsischen Küste schätzungsweise über eine Million (!!!) Tonnen "Kampfmittel" versenkt wurden. Das entspricht in etwa dem 25fachen Gewicht der Titanic oder dem doppelten Gewicht des "Bujr kalif", des größten Wolkenkratzers der Welt (Infos zum Skyscraper hier). Soviel zur Einordnung der Menge...
Nun zu der Frage: Was soll das heißen, Kampfmittel? Hier heißt es, dass am Meeresgrund "konventionelle" TNT-Bomben und -Granaten liegen, aber auch "unkonventionelle" Giftgasgranaten, die also mit dem Nervengift Tabun gefüllt sind, das über die Haut aufgenommen wird. Und halt, man muss es sagen, giftig ist...
Kein Wunder, dass das schleswig-holsteinische Innnenministerium da erst einmal entschieden hat, das zun tun, was Politker eben für gewöhnlich am besten tun, wenn sie nicht gerade heiße Luft in Mikros und Kameras hauchen: Nichts. Abwarten. Die Leute vergessen ja schnell. Und warum nicht einfach mal ein paar (Hundert) Tausend (Giftgas-)Granaten dort lassen, wo sie sind: in "Sicherheit", auf dem Meeresboden, z.B. vor Helgoland (siehe dazu einen Stern-Artikel).
Die Begründung stellt zugleich ein weiteres Mal die rasiermesserstumpfe Logik in den unergründlich verwinkelten Gedankengängen von Politikerh/birnen unter Beweis: Also, die Granaten seien im Allgemeinen ja nicht mehr gefährlich. Das Nervengift sei längst schon ausgewaschen. Das bestätigten "Fachleute"- wie der Hausmeister des Ministeriums?!
[Zu blöd, dass die Begründung dann nicht so weitergeht:]
Da könne man sie ja gleich unten lassen.
[Sondern:]
Eine Bergung durch Taucher wäre außerdem für diese zu gefährlich.
Das ist ungefär so sinnvoll, wie wenn es in einem Bürokomplex eine ernstzunehmende Bombendrohung gibt und dann vor Ort ein Polizeisprecher der Medienmeute berichtet, dass das Gebäude nicht geräumt werden muss, da ja keine akute Gefahr besteht, das Entschärfungs-Kommando aber vorsichtshalber nicht reingeschickt wird- könnte ja was passieren...
Und auch wenn der Hausmeister Recht haben und das Gift schon ausgewaschen sein sollte, möchte man schon die Frage aufwerfen, wohin es denn dann gewaschen wurde? Fische? Menschen- nicht nur Taucher, sondern am End´sogar Verbraucher? Nein? Hat sich bestimmt im Wasser einfach in Luft aufgelöst?
Nur: Warum wäre dann eine Bergung eigentlich zu gefährlich?
Ach, was soll´s [zurück zur Politiker-Logik]: Die Touristen sollten sich doch vielmehr darüber freuen, dass sie an der Küste nicht nur popelige Muscheln als Souvenirs vorfinden können, sondern auch fette fette Granaten...und auch die Fischer sollten viel dankbarer sein, dass ihr "grauer" Alltag auf hoher See dadurch aufgewertet wird, dass ihnen nicht nur (mit Tabun angereicherte) Schollen und Heringe ins Netz gehen, sondern hin und wieder ein richtig dicker "Fisch", der ja nicht unbedingt in die Luft gehen muss. Aber kann, wie schon passiert...
Abschließend sei noch mit einem Irrtum aufgeräumt: Natürlich lagern in der Nordsee nicht nur Kampfmittel aus dem 2.Weltkrieg. Auch Alt-Bestände der Bundeswehr, der Nationalen Volksarmee der DDR, der Sowjetarmee und der Nato wurden hier versenkt.
"Sauber und diskret"?
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