Aktuell mehren sich wieder einmal medienwirksam Zweifel am "Erfolg" des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan. Dabei meinen wir es doch so gut! Und ein sofortiger Abzug ist eh kein Thema- sieht man von den populistischen Forderungen der Linken und Gysi einmal ab. Ein paar Haubitzen mehr werden´s schon richten...
Es ist doch nun einmal so, dass Deutschland und die gesamte westliche Welt in einem Boot mit der USA sitzt. Und die USA werden sich wohl in ihrem offziell und medial gebetsmühlenartig bekräftigten, globalen Kampf für mehr Demokratie und weniger Terror so schnell wohl nicht zügeln. Also muss auch Deutschland mitziehen...
Die etablierten Medien halten sich mit einer fundamentalen Kritik doch erstaunlich zurück. Tote im "Krieg", ja, man darf ja jetzt mit dem Segen Merkels&Co. davon sprechen, das ist nicht schön, und traurig. Unsere tapferen Soldaten. Aber: Die Freiheit muss nun mal auch am Hindukusch verteidigt werden...
Obwohl ich mich durchaus als politisch interessiert bezeichnen würde, kann ich mich aktuell an keine Sendung und an keinen Nachrichten-Bericht bei ARD oder ZDF, aber auch z.B. dem Spiegel erinnern, der nicht ganz im Sinne des "Common Sense" wäre. Obwohl für mich gerade der Spiegel immer eine journalistische Instanz war und ist, muss ich feststellen, dass auch der bereits Ende Januar zum Thema Afghanistan veröffentlichte Leitartikel (siehe hier) keine rühmliche Ausnahme darstellt. Sicher: Es kommen darin viele interessante Infos gerade zur Historie vor, je mehr sich aber der Artikel der gegenwärtigen Situation nähert, desto kritikarmer wird er...eigentlich erstaunlich, dass in einer Demokratie doch größtenteils eine Informations-Einbahnstraßen-Medien-Politik herrschen kann.
Wie lautet sie nochmal, die Terror-Agenda, der "Common Sense"? Ohne an der Stelle näher darauf einzugehen, gilt doch der öffentlich kaum widersprochene geschweige denn überhaupt diskutierte Grundsatz, dass die Welt seit dem 9/11 eine Andere ist. Offiziell zumindest.
Diese Leier läuft seit Jahren auf allen Kanälen rauf und runter...
Nun gibt es aber doch auch die Möglichkeit, sich im Internet zu informieren.
Durch die aktuellen Vorkommnisse in Afghanistan motiviert, habe ich das zumindest versucht. Ein, zwei Klicks später stieß ich auf den Namen "Christoph Hörstel" (Grund-Infos zur Person auf Wikipedia).
Eine wirklich interessante Figur, von der ich bis dato noch nie etwas gehört hatte: Ein echter Journalist, von denen es anscheinend nicht mehr Viele gibt- wer als verdienter Korrespondent und Afganistan-Kenner die ARD verlässt, weil er die Einseitigkeit in der Berichterstattung weder hinnehmen will, noch verantworten kann und es im Anschluss nur für sehr kurze Zeit bei Siemens ("Korruption unerträglich") aushält, der hat aus meiner Sicht einen gewissen Vertrauens-Vorschuss verdient. Erstaunlich- oder, wenn man es sich recht überlegt: vielleicht eben nicht-, dass dieser Mann medial so wenig Beachtung findet.
Wer sich nicht nur mit den üblichen Informations-Häppchen und Politiker-Standardfloskeln zufrieden gibt und einfach einmal eine andere Sicht der Dinge haben will, dem sei folgendes 76(!)-minütiges-Interview mit ihm dringendst ans Herz gelegt (hier klicken), produziert übrigens von "NuoViso", ebenfalls aus meiner Sicht nicht unbedingt verdächtig, dem "Common Sense" zu dienen.
Zur Afghanistan-Problematik wäre außerdem ein SWR1-Radio-Interview (hier kann man sich das Interview anhören oder runterladen) mit ihm zu empfehlen, alles Weitere liefert bei Interesse ohnehin die Suchmaschine.
Auch wenn man sich diese Zeit genommen haben sollte, gilt natürlich noch der Grundsatz, dass man sich eine eigene Meinung bilden sollte. Aber die dort genannten Argumente sollte man zumindest eben kennen.
Und: Was wäre denn, wenn Hörstels Thesen von der gegenwärtigen, globalen Situation weniger falsch als der "Common Sense" wären? Was wäre, wenn es den Vereinigten Staaten z.B. in Afghanistan, wie auf dem Rest der Welt, eben nicht um Demokratie und Freiheit, sondern in Wirklichkeit rein um geostrategische Interessen und in diesem Zusammenhang (Stichwort: Ressourcen) schlicht um Sicherung und wenn schon nicht Ausbau, so doch zumindest Fortbestand der eigenen Vormachtstellung ginge? Und zwar mit allen Mitteln?
Und wo wir gerade dabei sind- noch einmal kurz zu 9/11, dem zweifellos dramatischen Ereignis, was als offizielle Legitimation für den "Krieg gegen den Terror" benutzt wird und der westlichen Welt ja offenbar keine andere Wahl lässt, als sich mit den USA im "Terrorkampf" zu verbünden:
Was wäre dennn, wenn auch hier die "Common Sense"-Variante anzuzweifeln wäre- wie das wiederum nicht nur Hörstel, sondern ein weiterer, altehrwürdiger Journalist wie Peter Scholl-Latour macht (siehe Scholl-Latour in einer Diskussionsrunde auf Phönix) und Amerika seit 9/11 ein Land im "Ausnahmezustand" ist, in dem Bürgerreche noch weniger, Militärrechte aber mehr als zuvor schon gelten, auch unter Obama (ein Artikel hierzu in dem Polit-Magazin "Hintergrund")?
Ja, was wäre denn, wenn mit Obama wirklich nur eine andere Rhetorik ins Weiße Haus eingezogen wäre, aber keine andere Außenpolitik? Wenn auch er international geltendes Recht in erster Linie im Interesse Israels und dann Amerikas einfach ignorieren und nicht nur die Nato zu diesem Zweck missbrauchen würde?
Und, was wäre denn, wenn die Finanz-Krise nur ein weiteres Indiz dafür wäre, dass das westliche System am Implodieren war und weiterhin ist, nicht zuletzt auch deshalb, weil grenzenloser Egoismus in Verbindung mit global Krieg&Terror finanzieren auf die Dauer doch nicht ganz gut und günstig ist?
Wenn gerade deshalb bzw. trotzdem wirtschaftlicher Imperialismus als einziger Ausweg praktiziert würde, in diesem wie in vergangenen Jahrhunderten?
Wenn sich aber die Zeiten geändert hätten?
Wenn mittlerweile und nicht erst seit gestern ein anderer Block, offensichtlich unter Chinas Führung, mit Russland als Partner, das nicht mehr so gerne "a priori" hinnehmen mag?
Wenn man zudem Stellvertreter-Konflikte wie Iran-Israel-Palästina und Korea, also Pulverfässer, die jederzeit im großen Maßstab explodieren könnten, berücksichtigt?
Ja, was wäre dann? Und was hätten wir schon?
Oder sind das alles nur "Verschwörungstheorien", von irgendwelchen Querköpfen ausgedacht, die in Verdacht stehen, Lobbyarbeit im Namen des Islam zu betreiben?
Ist es wirklich so einfach?
Ohne selbst irgendetwas mit Religion am Hut zu haben, möchte ich zum Schluss und um den Kreis zu schließen aber schon noch einmal fragen, warum in den (etablierten) westlichen Medien doch sehr "gleichgeschaltet" über solche Sachverhalte berichtet wird? Über eine Witzfigur wie Guido Knopp und seine 3000.te "ZDF-History"-Sendung zum Thema "2. Weltkrieg- heute: was stand bei Hitler am letzten Bunker-Tag auf dem Mittagstisch?" kann ich schon lange nicht mehr lachen.
Und, was nicht weniger nachdenklich stimmt: Dass sich intelektuelle Kreise mehr als bedeckt halten mit einer breiten öffentlichen Kritik, die etwas tiefer greift als das Beklagen von Toten in einem anscheinend unvermeidlichen, "notwendigen" Krieg gegen den Terror? Hörstel und Scholl-Latour in Ehren.
Wo ist eine echte, ernstzunehmende, konzentrierte inter-nationale Front gegen den "Feind", gegen Lügen und Unwissenheit? Wer kennt denn schon den sehr gelungenen Spiel-Film "Syriana" aus dem Jahr 2005 (Infos dazu auf Wikipedia), der die US-Machenschaften rund ums Öl eindrucksvoll aufdeckt? Auf Deutschland bezogen: Reicht es, wenn ein Exot wie Georg Schramm im Kabarett Klartext nicht nur zum Thema Afghanistan spricht (siehe vergangenen Dienstag)?
Wo sind weitere kritische Stimmen?
Was macht die "hohe" Kunst und die Jugend?
Resignieren und verblöden?
Oder: Ist am Ende Alles nur halb so schlimm?
Finanzkrise hin, Afghanistan her?
Hauptsache "Paaaaarty"?
Noch eine letzte Prognose: Wenn sich daran nichts ändert, werden wir uns früher oder später noch wundern. Ob es dann zu spät ist?
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